Maria: Trauer und Verlust

„Ich bin in einem Haus am Meer und kann das Meer nachts rauschen hören.

Ich stehe an einer Mauer und schaue auf das Meer.

Da draußen schwimmt ein Mädchen mit einem Schwimmring. Die Wellen sind hoch. Plötzlich eine riesenhohe Welle, die ist über sie hinüber geschwappt. Sie ist ertrunken.

Ich habe gesehen, wie sie gekämpft hat.

Ich konnte ihr nicht helfen.

Wenn ich da reingesprungen wäre, dann wäre auch ich ertrunken."

 

"Ich hab den Traum in den Ferien geträumt.

Wir hatten ein kleines Haus am Meer und ich konnte nachts das Meer rauschen hören.

Was mir dazu einfällt?

Ich konnte meiner Mutter nicht helfen.

Sie ist umgekommen, ich musste zugucken, ohne dass ich ihr helfen konnte.

Sie hat so gekämpft.

Gegen die Drogen, gegen die Krankheit, immer wieder gekämpft und dann hat sie doch verloren.

Und ich konnte ihr nicht helfen.

Ich kämpfe selber ja so.

Auch ich könnte die da draußen sein.

Die Schwimmerin mit dem Schwimmreifen.

Mit meinem Vater kämpfe ich, mit meinem Freund, mit meiner Trägheit, ich müsste mich bewerben, irgendetwas anfangen, ich schaffe es nicht.

Es gibt Tage, da habe ich gar keine Lust aufzustehen.

Ich lieg’ im Bett und grüble. Du hättest ihr doch helfen können. Du hättest an dem Wochenende nicht bei der Freundin übernachten dürfen, besser auf sie aufpassen."

"Ich habe geträumt, dass meine Mutter wiedergekommen ist, und dass es eine große Feier gab. Sie kommt wieder, sie ist gesund, wir haben eine neue Chance. 

Ich vermisse sie so.

Mein Vater versteht mich nicht.

Er bedrängt mich: „Tu endlich was“.

Er ist gegen meinen Freund, er mag ihn nicht, will mir verbieten, mich mit ihm zu treffen, ich mach das heimlich.

Er brüllt rum, er sagt, das ist ein Krimineller. Dabei hat er zu mir gehalten, durch die ganze Zeit. 

Er ist so zärtlich und so schön, irgendwie erinnert er mich an meine Mutter. 

Groß ist er, so zum Anlehnen groß, hat dunkle Locken wie sie, eine kaffeebraune Haut, schöne Augen, dunkle, lange Wimpern.

Er nennt sich Johnny, aber er heißt Ahmed.

Was er macht?

Och, eigentlich nichts.

Er handelt.

Ich glaube, er handelt im Internet mit Taschen, mit nachgemachten Markentaschen.

Und irgendwie hat er auch komische Freunde. Ich bin ja eifersüchtig und kontrollier’ sein Handy, da sind dann SMS von Männern drauf: „War schön mit Dir.“

Die Freundin von meinem Vater, die hat das mal überprüft. Das war von ´nem Professor.

Sie sagt, „Pass’ bloß auf, der geht auf den Strich. Nicht, dass du dir was einfängst.“

"Meinen Vater hat meine Mutter damals in Bayern kennen gelernt. Er hatte in einer Band gespielt. Und da haben die sich dann kennen gelernt.

Mein Vater ist ja ein richtiger Bayer, so grummelig und schnell auf 180, dauernd meckert er rum.

Er hatte aber auch keine einfache Kindheit.

Die Mutter hatte ihn in ein Heim gegeben und hat sich ein schönes Leben gemacht, konnte wohl keine Kinder gebrauchen, sie hatte jemand kennen gelernt, der wollte keine Kinder und da hat sie ihn weggegeben, einfach so, das ist schon krass.

Meine Mutter, die hatte dauernd Krach mit ihrem Vater, der war so ein aufbrausender Italiener. Der hatte ein kleines Restaurant in Berlin. Ich glaube, er hatte Freundinnen neben meiner Oma, aber auf meine Mutter, da hat er aufgepasst, die nicht raus gelassen, der war wohl sehr streng, der hat sie auch geschlagen.

Der ist gestorben, als ich acht war.

Meine Mutter war als Jugendliche ziemlich rebellisch, hat mir die Oma erzählt.

Sie hat gefährliche Sachen gemacht.

Fluchthilfe. Dabei ist sie dann auch erwischt worden und saß 2 Jahre in Bautzen.

Danach ist sie nach Bayern gegangen und hat meinen Vater kennen gelernt.

Ich glaube, der hat sie an ihren Vater erinnert. Der ist ja auch so jähzornig.

Es gab da so eine Zeit, da waren meine Eltern getrennt, da war ich vier.

Meine Mutter war mit mir in Berlin, mein Vater in Bayern.

Ich hab da jeden Abend mit ihm telefoniert und eine irre Sehnsucht nach ihm gehabt.

Manchmal erinnert mich das an die Sehnsucht, wenn ich Johnny einen Tag nicht gesehen habe. Ich muss ihn dann anrufen, seine Stimme hören. Ist er noch da? Mag er mich noch?"

 

Psychotherapeutische Praxis

Regina Konrad

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