Angstträume von Kindern

„Meine Mutter ist mit meinem Vater und meiner Schwester in Urlaub gefahren und hat mich vergessen. Da ist ein Dinosaurier aus der Steinzeit gekommen und hat unser Haus niedergetrampelt.“ Linus 9 J.

„Ein Einbrecher kommt in mein Zimmer. Ich will schreien, kann aber nicht, ich will weglaufen, kann mich aber nicht bewegen. Ich bin aufgewacht und habe schnell das Fenster zu gemacht.“ Moritz 11 J.

„Ich ging eine Straße entlang. Aus einer Einfahrt kamen lauter Schlangen. Ich wollte weglaufen, fiel aber hin. Sie kamen näher und näher auf mich zu. Eine Schlange biss mich in die Hand. Meine Hand wurde blau und ich starb. Ich wachte auf und weinte bitterlich.“ Marie 10 J.

„Ich lag in meinem Bett und schlief. Da kam Dracula aus meinem Schrank und nahm mich mit auf sein Schloss. Ich bin aufgewacht und hatte ein komisches Gefühl.  Plötzlich hatte ich Angst, die Vampire holen meine Mutter. Ich bin in ihr Bett gekrochen und habe eine Hand auf ihren Arm gelegt.“ Luisa 9 J.

„Ich bin aus dem Fenster gefallen. Ich habe mich am Fensterbrett fest gehalten. Dann bin ich abgerutscht und gefallen. Ich bin auf einem Riesenvogel gelandet und der ist mit mir zu einer Insel geflogen. Da hat er mich fallen lassen. Ich bin dann aufgewacht.“ Laura 8 J.

 

Für Kinder ist in der Nacht oft Traumwelt und reale Welt nicht getrennt. Die Sorgen und Ängste der realen Welt - die Angst vor dem Verlust der Eltern, die Sorge um ihre Gesundheit, die Angst vor Trennung und Einsamkeit, das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit - drücken sich symbolhaft in den Träumen aus. Beim Aufwachen bleiben die ängstigenden Bilder bestehen, behalten ihre Wirkmächtigkeit. Hinter Gardinen stehen dunkle Männer, Hexen lauern im Flur, große zähnefletschende Hunde sitzen in der Zimmerecke. Unter dem Bett liegt ein Monster. Der Körper reagiert auf die vorgestellte Gefahr. Wenn sich das Kind jetzt nicht selber trösten und beruhigen kann, kann es nicht mehr einschlafen. Zudem hat es oft Angst, den schrecklichen Traum weiterzuträumen, wenn es wieder einschläft. Schlafstörungen sind die Folge. „Wir können ihr noch so oft sagen, dass es keine Hexen gibt, sie hat Angst davor“, sagt ein verzweifelter Vater. Aber kann er ihr garantieren, dass er immer für sie da sein wird?

In der Therapie geht es darum, äußere Sicherheit und innere Sicherheit zu unterscheiden. Äußere Sicherheit wird es nicht geben, aber in der Therapie kann ein innerer sicherer Ort entwickelt werden und mit ihm ein Gefühl von Geborgenheit. Im therapeutischen Raum können im Spiel, in der Phantasie, schwierige Situationen bewältigt, die Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten gestärkt werden. Kann ich mich selber beruhigen und trösten? Welche Vorstellung, welche inneren Bilder helfen mir dabei, wann fühle ich mich beschützt und was brauche ich dazu?

 Die Ängste des Kindes können aber auch eine kommunikative Funktion haben. Das Kind will mit seinen Ängsten den Eltern etwas mitteilen. In den Elterngesprächen muss geklärt werden, ob die Ängste des Kindes auch ein Hinweis auf Probleme der Eltern sein können, die das Kind unbewusst wahrnimmt. Sieht das Kind einen Elternteil in Gefahr und möchte es den Elternteil beschützen, darüber wachen, dass ihm nichts passieren kann? Sieht es die Ehe der Eltern in Gefahr? Reagiert es mit seinen nächtlichen Ängsten auf vermehrte Streitereien? Eine hektische, getriebene Umgebung? Braucht ein Elternteil selber die beruhigende Nähe des Kindes?

Die elfjährige Maike kam plötzlich wieder jede Nacht in das Bett der Mutter. Im Gespräch mit der Mutter berichtete diese von einem depressiven Einbruch mit Suizidgedanken. Die Tochter spürte die Gefahr und reagierte darauf.

In einer anderen Familie kam der sechsjährige Sohn nachts ins Ehebett und der Vater wanderte ins Kinderbett aus. Die Mutter schien mit diesem Arrangement gar nicht so unzufrieden zu sein und erklärte mir später einmal die "Vorteile": “Er schnarcht nicht, er kuschelt gerne und er muss nicht um sechs Uhr morgens aufstehen.“ 

Psychotherapeutische Praxis

Regina Konrad

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